Die erste Investorensuche: Diese 5 Fallstricke sollten Gründer vermeiden (2024)

Der Businessplan des Startups hat die Investoren beeindruckt, die runde Pitch-Story hat verfangen – doch blenden lassen wollen sich die Geldgeber davon nicht. Hier sind fünf (natürlich gibt es mehr) Fallstricke für Unternehmen, nach denen die Geldgeber fahnden.

Zu viele Teilhaber und Gesellschafter

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Mehrere Gründer sind sinnvoll. Unterschiedliche Backgrounds und Stärken befruchten das Venture. Zu viele Gründer sollten es aber auch nicht sein. Denn jeder Gründer darf mitreden und auf diese Weise lassen sich nur schwer Entscheidungen erzielen, vor allem in Krisen. Bei mehr als zwei Gründern gehen die Schwierigkeiten los – auch, weil „drei“ eine ungerade Zahl ist, sodass es bei kritischen Entscheidungen 2:1 stehen kann. Eine Zweiergruppe könnte den anderen überstimmen. Vier Personen sind daher besser als drei; mehr als vier sollten es aber auf keinen Fall sein.

Die zweite Dimension betrifft zu viele Geldgeber. Ist der Kreis der Gesellschafter zu komplex (ersichtlich im sogenannten Cap-Table), schreckt das neue Geldgeber ab. Hiermit ist die Anzahl der Anteilseigner gemeint, besonders aber unterschiedliche Rechte: etwa in Bezug auf die Stimmenanzahl oder den Zeitpunkt eines (früheren) Ausstiegs, auch Liquidationspräferenz, gemeint. Diese haben durchaus ihre Berechtigung, um beispielsweise neue Kapitalgeber zu gewinnen. Sie dürfen aber nicht zu einer unüberschaubaren oder schwierig zu beherrschenden Konstellation führen.

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Perfektionismus

Produkte und Dienstleistungen müssen gut sein. Aber du stehst mit deinen Ideen noch am Anfang, musst rasch Erfahrungen sammeln und den Kunden zeigen, dass es dich gibt. Das schaffst du nur, indem du dein Produkt oder deine Dienstleistung auf den Markt bringst. Gerade deutsche Unternehmen tappen häufig in die Falle, das erst zu tun, wenn alles 100-prozentig funktioniert. Ein hoher Qualitätsanspruch ist löblich. Indes kostet dieser Perfektionismus Zeit. Zeit, in der dein Produkt nicht auf dem Markt ist, bekannt gemacht und getestet werden kann und in der du auch keine Reaktionen und Erfahrungswerte von Kunden erhältst, die dein Produkt verbessern.

Amerikanische Unternehmen sind dabei wesentlich pragmatischer. Sie gehen rasch mit einem MVP (Minimal Viable Product) nach draußen und können dadurch eine Marke setzen. Vor allem bei Software ist diese Vorgehensweise schon lange etabliert. Hier sind es die Kunden, die rasch in den Genuss neuer Funktionen und Programme kommen, aber gleichzeitig testen und mit Kinderkrankheiten konfrontiert sind – und diese dann an das produzierende Unternehmen rückkoppeln.

Wenn du zu spät mit deinem perfekten Produkt auf einen inzwischen belegten Markt kommst, hast du nichts gewonnen – selbst wenn dein Produkt besser ist. Im besten Fall bleibt dir dann eine Nische übrig. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass dir zwischendurch das Geld ausgegangen ist.

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Fehlende Nachhaltigkeit

Dein Unternehmen muss nachhaltig sein und das ist hier nicht im ökologischen Sinne gemeint, sondern auf eine solide, langfristige Wirtschaftlichkeit gemünzt. Trotz Wachstums musst du profitabel sein und zeigen, dass die wesentlichen Produktbereiche Gewinn erzielen (würden). Wachstum bedeutet zwar Expansion in neue Regionen und Marktsegmente und dass du immer neue Produkte und Dienstleistungen herausbringst, um breit aufgestellt zu sein. Du verbrauchst damit aber Geld und machst Verluste. Dennoch muss klar sein – und dies müssen du deinen (potenziellen) Financiers zeigen –, dass dein Unternehmen im Grundsatz Gewinn erzielen würde: Etwa, wenn du sofort auf alle Expansions-Elemente und neuen Produktideen verzichtest und sich auf deine profitablen Bereiche konzentrierst.

Sorge also trotz der Ausweitung deines Geschäfts dafür, dass dein Kerngeschäft solide läuft und Gewinn erzielt. Dann bleiben dir auch künftig die Finanzierer treu – die gleichzeitig gern eine Wachstumsstory sehen, ja erwarten. Wenn dein Geschäft in Deutschland funktioniert, steckst du trotzdem Geld in die Expansion ins Ausland. Kommst du dort aber mittelfristig nicht in die Gewinnzone, musst du das Projekt abbrechen und dich in den sicheren Hafen zurückziehen.

Zu schnelles Wachstum

Wachstum ist grundsätzlich gut. Jedes Unternehmen muss stetig vorankommen. Schließlich zieht sonst die Konkurrenz an einem vorbei, Innovationen werden verschlafen oder Kunden wenden sich ab. Doch Wachstum, besonders zu schnelles, erfordert immer, dass Prozesse und Strukturen mitwachsen müssen – und zwar in erster Linie der Personalbestand. Geld ist hier gerade nicht das Problem. Es ist meist da, manchmal sogar in Mengen, die zum Ausgeben verleiten.

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Nun steigen manchen Startups die Ambitionen zu Kopf. Sie überschätzen sich und gehen die nötigen und logisch erscheinenden Schritte viel zu schnell an. Doch für die Realisierung der Vorhaben muss das Personal da sein. Es muss geschult und kompetent und auch die Strukturen für die Rekrutierung müssen vorhanden sein. Ebenso schlimm ist es, wenn sie rasch eingestellt haben, aber die Leute nicht zur Firmenkultur passen und ihnen das richtige Mindset fehlt. Geh also gerade beim Personal keinerlei Kompromisse ein. Lieber weiter nach den Richtigen suchen, die zu eurer Firmenkultur passen, als wegen Wachstumsdrucks überstürzt die falschen Leute einstellen, die negativen Einfluss ausüben. Es gibt Beispiele von Unternehmen, bei denen die Produktivität durch das Recruiting von unpassenden Mitarbeitern gesenkt wurde, sodass trotz mehr Personal weniger Output geschafft wurde.

Sofern du solche Wachstumsfehler erkennst, kannst du sie zwar korrigieren, doch du hast inzwischen viel Geld ausgegeben und kannst kaum oder keine Fortschritte vorweisen, die dich für die nächste Finanzierungsrunde qualifizieren.

Zu schnell ins Ausland gehen

Zu schnell ins Ausland gehen, dieser Punkt schließt sich logisch an den vorangegangenen an. Die Mechanismen und Gefahren sind dieselben – nur potenziell stärker und schlimmer. Denn in der Regel nimmst du hier mehr Geld in die Hand oder musst Berater engagieren. Zudem ist der Organisationsaufwand auf einem fremden Markt fern der Heimat höher. Du bist mit anderen Kundenwünschen und Logistikherausforderungen konfrontiert. Und auch die steuerlichen, rechtlichen und kulturellen Unterschiede erfordern besondere Aufmerksamkeit und Umsicht.

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All dies muss gemanagt werden. Daher ist die Gefahr real, dass du dich zu sehr auf das Ausland konzentrieren, dort sogar Feuer löschen musst und dabei den wichtigeren, beispielsweise deutschen Markt vernachlässigt. Und sind die Zahlen erst einmal schlecht, erhältst du schwer frisches Geld – eine Abwärtsspirale kommt in Gang.

Millionen Unternehmen haben diese Herausforderungen gemeistert. Wichtig ist es daher vor allem, sich lokales Know-how zu holen, etwa über einen Investor vor Ort, der sein Netzwerk und seine Erfahrung einbringen kann. Überprüfe daher den Wachstumsschritt „Gang ins Ausland“ sehr genau. Die Gefahr, zu scheitern und Geld zu verbrennen, ist hier besonders groß. Vertage diesen Punkt durchaus und wachse lieber solide zu Hause.

Fazit

Die generelle Ausrichtung der Firma, die Produkte und Dienstleistungen, führen mitten in einer Finanzierungsrunde selten zum Aus. Diese Aspekte sind längst gecheckt. Wenn sich VC und Business Angels mit dir und euch beschäftigen, schauen sie hinter die Kulissen, checken die Zahlen, aber auch die Stimmung innerhalb des Gründerteams. Wichtig ist daher auch, dass ihr die grundsätzlichen Werte und Ziele teilt – und eure Story die gleiche ist.

Christian Saxenhammer


Christian Saxenhammer ist Managing Director der Berliner M&A Boutique Saxenhammer & Co. Corporate Finance GmbH und hat bisher mehr als 200 M&A-Transaktionen begleitet. Mit „Durchstarten mit Investor: Wie man Geldgeber überzeugt und sein Unternehmenswachstum finanziert“ erscheint 2020 sein erstes Buch.

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Die erste Investorensuche: Diese 5 Fallstricke sollten Gründer vermeiden (2024)

FAQs

Auf was achten Investoren? ›

Diese zehn Punkte sollten Crowdinvestoren beachten
  • Gründerteam.
  • Produkt.
  • Geschäftsmodell.
  • Alleinstellungsmerkmal.
  • Marktpotenzial.
  • Finanzplanung.
  • Beteiligungsquote.
  • Netzwerk-Effekte.

Wie viel Prozent kriegt ein Investor? ›

Ein Frühphaseninvestor wird typischerweise eine Beteiligungsquote zwischen 10 und 40 Prozent anstreben. Die Planzahlen müssen dies im Verhältnis zum angestrebten Investment und dem möglichen Return des Investors also auch wenigstens ungefähr hergeben. Das Tool ermittelt am Ende den Cash-on-Cash-Return des Investors.

Welche Fragen stellt sich ein Investor? ›

10 Fragen, die Gründer Investoren unbedingt stellen sollten
  • Was wären die ersten Schritte nach dem Deal? ...
  • Wie läuft der Investment Prozess ab und wie lange dauert das? ...
  • Wieviel investieren Sie maximal in ein Unternehmen? ...
  • Welche Personen sind an der Entscheidung beteiligt?
Feb 20, 2019

Was will ein Investor wissen? ›

Investoren wollen wissen, mit wem sie zusammenarbeiten und ob sie dieser Person ihr Vertrauen und Kapital zur Verfügung stellen können. Dazu gehören auch gutes Benehmen, Ehrlichkeit und realistische Vorstellungen – macht euch also nicht größer als ihr seid und bleibt bei der Wahrheit.

Wie kann man Investoren überzeugen? ›

8 Tipps für die Investorensuche
  1. Interessen abgleichen.
  2. Sich mit anderen Gründern austauschen.
  3. Um mehr als Geld bitten.
  4. Feedback nutzen.
  5. Realistisch bleiben.
  6. Es auf den Punkt bringen.
  7. Glaubwürdig sein.
  8. Ein Team sein.
Dec 21, 2016

Wer ist der erfolgreichste Investor? ›

Er ist Chairman und CEO von Berkshire Hathaway und gilt als einer der erfolgreichsten Investoren der Welt. Im Jahr 2022 wurde sein Vermögen auf ca. 118 Milliarden US-Dollar geschätzt. Buffett entwickelte früh ein Interesse an Wirtschaft und der Geschäftswelt.

Warum wollen Investoren 25 1? ›

Investments sind immer an Bedingungen geknüpft, häufig bspw. an Unternehmensbeteilungen – oftmals fordern Investoren auch ein Mitspracherecht und möchten Prozesse innerhalb des Unternehmens beeinflussen können, weshalb sie gerne einen Anteil von 25,1 Prozent einfordern.

Was bringt 10 Prozent Rendite im Jahr? ›

Bei einer jährlichen Verzinsung von 5 Prozent wächst Ihr Gespartes auf 13.200 Euro und bei 10 Prozent auf gut 17.500 Euro. Investieren Sie 40 Jahre lang, werden aus 40.000 eingezahlten Euro bei 1 Prozent Zinsen etwa 49.400 Euro, bei 5 Prozent 126.800 Euro und bei 10 Prozent mehr als 486.800 Euro.

Welche 3 Arten von Investoren gibt es? ›

Grundsätzlich lassen sich alle Käufer von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) in folgende drei Gruppen unterteilen:
  • Privatinvestoren.
  • Finanzinvestoren.
  • Strategische Investoren.
Jan 15, 2021

Wie denkt ein Investor? ›

Ein Investor übernimmt die Verantwortung nur für Investitionen, die er versteht. Verständnis erfordert aber ein grundsätzliches Interesse dafür, was das eigene Geld macht, wenn es investiert wird. Und ein interessierter Investor stellt so lange kritische Fragen, bis die Jas die Neins deutlich überwiegen.

Kann jeder Investor werden? ›

Ein Traum für viele. Doch wie wird man zum Investor? Grundsätzlich ist ein Investor jede natürliche oder juristische Person, die sich mit ihrem Kapital an materiellen oder immateriellen Vermögensgegenständen beteiligt, also eine Investition tätigt.

Was bewegt die Anleger? ›

Was bewegt die Anleger? ESG-Faktoren – also die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – spielen für Anleger und Politik eine immer größer werdene Rolle (Environmental, Social und Governance, ESG). Dies führt zu einem Wandel der Investmentlandschaft.

Wie beteiligt man einen Investor? ›

Investoren beteiligen sich entweder über eine stille oder über eine offene Beteiligung. Der Unterschied ist: Der stille Gesellschafter leistet eine Einlage in das Unternehmensvermögen, erwirbt aber keine Anteile. Die Geschäftsleitung bleibt in der Hand der Gründer.

Was ist für Investoren interessant? ›

Im Idealfall versorgen dich Investoren nicht nur mit Startkapital, sondern auch mit Fachwissen und einem Netzwerk. Diese Faktoren können genauso wichtig sein wie Geld – oder sogar wichtiger. Überlege darum gut, was dein Startup am dringendsten braucht – und welcher Investor diesen Bedarf am besten abdecken würde.

Was verlangen Investoren? ›

Investoren verlangen regelmäßig eine Liquidationspräferenz", sagt Frech. Falls Venture Capital-Geber 5 Mio. Euro investiert haben, dafür insgesamt 50 Prozent der Unternehmensanteile erhalten haben und das Start-up später für 10 Mio. Euro verkauft wird, wollen die Investoren ihr Kapital „vorrangig" zurückerhalten.

Wie kontaktiert man einen Investor? ›

Idealerweise über einen gemeinsamen Kontakt. Wenn über LinkedIn oder Xing nicht einmal ein entfernter gemeinsamer Kontakt besteht (und der Investor trotzdem hoch relevant ist) am besten kurz, persönlich und einfallsreich. Massenansprachen oder Namensverwechslungen sind schlechte Indikatoren.

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Author: Horacio Brakus JD

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Name: Horacio Brakus JD

Birthday: 1999-08-21

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Job: Sales Strategist

Hobby: Sculling, Kitesurfing, Orienteering, Painting, Computer programming, Creative writing, Scuba diving

Introduction: My name is Horacio Brakus JD, I am a lively, splendid, jolly, vivacious, vast, cheerful, agreeable person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.